Momentan haben Bundesregierung und insbesondere das Innenministerium erhebliche Einflussmöglichkeiten auf die Arbeit des Bundesdatenschutzbeauftragten, wodurch eine wirksame Kontrolle staatlicher Stellen unmöglich wird. Das EU-Recht schreibt bereits seit mehr als 15 Jahren vor, dass Datenschutzbeauftragte von Bund und Ländern und die ihnen unterstehenden Aufsichtsbehörden unabhängig sein müssen, da sie ihrer Aufgabe sonst nicht effektiv nachkommen können. Trotzdem ist der oberste deutsche Datenschützer und Zuständige für die Informationsfreiheitsgesetz auf Bundesebene, der Bundesdatenschutzbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Peter Schaar, und seine Behörde nach wie vor dem Innenministerium angegliedert. Dies behindert die Arbeit der Aufsichtsbehörde, die sowohl die Einhaltung des Datenschutzrechts als auch des Informationsfreiheitsgesetzes der Behörden kontrollieren soll.
Das bedeutet: Die Bundesregierung kann Im Streitfall ihre Rechtsvortstellungen durchsetzen, eine wirksame Aufsicht über denkbare Datenschutzverstöße, Mängel bei der Durchsetzung des Informationsfreiheitsgesetzes und problematische Gesetzesinitiativen der Bundesregierung und des Innenministeriums ist daher unmöglich. Der Innenminister kann Disziplinarmaßnahmen gegen den Bundesdatenschutzbeauftragten verhängen und ihm im Fall einer Verhinderung einen beliebigen Vertreter zur Wahrnehmung der Geschäfte zur Seite stellen. Die Mitarbeiter des Bundesdatenschutzbeauftragten sind dem Innenministerium unterstellt und setzen dort nicht selten ihre Berufslaufbahn fort. Dies kann zu massiven Defiziten bezüglich der Konfliktbereitschaft führen und birgt die Gefahr vorauseilenden Gehorsam zu begünstigen, wodurch eine effektive Aufsicht bereits strukturell gefährdet ist.
Der Bundestag hat keinerlei Konsequenzen aus der nun mehr als ein Jahrzehnt währenden mangelnden Umsetzung europäischen Datenschutzrechts gezogen und auch alle in diesem Zeitraum gewählten Regierungskoalitionen und die daran beteiligten Parteien (SPD, GRÜNE, FDP, CDU/CSU) haben in dieser Frage auf Kosten des Datenschutzes auf Zeit gespielt. Gleichzeitig haben sich zahlreiche Vertreter der Parteien, allen voran das Innenministerium, mit dem Drängen auf eine Umsetzung der EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung profiliert und sich für die anlasslose Überwachung der Telekommunikation aller Bürgerinnen und Bürger ausgesprochen.
Ich habe eine Beschwerde gegen die Bundesregierung bei der EU-Kommission eingereicht, wegen Nichteinhaltung des Gemeinschaftsrechts. Die EU-Kommission kann die Beschwerde nun an den Europäischen Gerichtshof weiterleiten, der dann ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesregierung beginnen kann, falls diese sich weiterhin weigert dem Bundesdatenschutzbeauftragten die Unabhängigkeit zu geben, die er für die Erfüllung seiner Aufgaben dringend braucht.
Verstöße gegen das Gebot der völligen Unabhängigkeit des Bundesdatenschutzbeauftragten als nationale Kontrollstelle nach Art. 28 RiL 95/46/EG und Art. 25 Rahmenbeschluss 2008/977/JI:
(1) Rechtsaufsicht der Bundesregierung über den Bundesdatenschutzbeauftragten (§ 22 Abs. 4 BDSG)
Die Bundesregierung kann im Streitfall kraft ihrer Rechtsaufsicht ihre Rechtsauffassung gegenüber dem Bundesbeauftragten durchsetzen. Dies verletzt die Unabhängigkeit des Bundesdatenschutzbeauftragten, zumal dieser gerade die Datenverarbeitung durch die Bundesregierung kontrollieren soll.
(2) Dienstaufsicht des Bundesinnenministeriums über den Bundesdatenschutzbeauftragten (§ 22 Abs. 5 BDSG)
Der Bundesminister des Innern kann kraft seiner Dienstaufsicht Disziplinarmaßnahmen gegen den Bundesdatenschutzbeauftragten verhängen. Auch wenn dies nicht wegen der unmittelbaren Wahrnehmung der dienstlichen Aufgaben durch den Bundesdatenschutzbeauftragten geschieht sondern wegen vermeintlicher anderer Verfehlungen, kann mit einer nachhaltigen und kleinlichen Dienstaufsicht versucht werden, den Bundesdatenschutzbeauftragten zu zermürben. Die Regelung kann unangebrachte Vorsicht oder gar vorauseilenden Gehorsam des Amtsträgers bewirken. Eine Dienstaufsicht durch die Regierung ist daher mit dem Erfordernis der völligen Unabhängigkeit unvereinbar (EuGH, C 614/10 vom 16. Oktober 2012, Abs. 36 ff.) Zur Wahrung der völligen Unabhängigkeit dürften Disziplinarmaßnahmen nur in einem gerichtlichen Verfahren zugelassen werden.
(3) Einflussnahme des Bundesinnenministeriums nach § 23 BDSG
Das Bundesinnenministerium entscheidet frei über die Fortführung der Geschäfte trotz Beendigung des Dienstverhältnisses gem. Abs. 1 S. 6. Gleiches gilt bezüglich der Geschenkeregelung und der Aussagegenehmigung vor Gericht nach Abs. 5 S. 3. Durch diese Entscheidungsbefugnisse des Bundesinnenministeriums, welches der Bundesdatenschutzbeauftragte beaufsichtigen soll, wird eine mittelbare Einflussnahme auf dessen Amtstätigkeit ermöglicht, die mit dem Gebot der völligen Unabhängigkeit unvereinbar ist.
(4) Einrichtung der Dienststelle des Bundesdatenschutzbeauftragten beim Bundesinnenministerium; mangelnde Personalhoheit (§ 22 Abs. 5 BDSG)
Die Mitarbeiter des Bundesdatenschutzbeauftragten sind Bedienstete des Bundesministeriums des Innern; der Bundesinnenminister ist Dienstvorgesetzter der Beamten nach § 3 Abs. 2 BBG. Personalentscheidungen über die Mitarbeiter des Bundesdatenschutzbeauftragten trifft das Bundesinnenministerium. Zwar setzt dies das Einvernehmen des Bundesdatenschutzbeauftragten voraus. Dieser kann Personalentscheidungen jedoch nicht frei und erforderlichenfalls auch gegen den Willen des Bundesinnenministeriums treffen, welches er beaufsichtigen soll. Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit verfügt mithin nicht über die Personalhoheit über die Mitarbeiter seiner Geschäftsstelle. Im fehlt das Recht, im Rahmen der ihm zugewiesenen Haushaltsmittel eigenständig Personalentscheidungen, z.B. Stellenbesetzungen oder Beförderungen, zu treffen. Dies ist mit der Unabhängigkeit der Kontrollstelle unvereinbar.
Rechtlich wie tatsächlich muss der Bundesdatenschutzbeauftragte sich für seine Geschäftsstelle des Personals des Bundesministeriums des Innern bedienen. In der Praxis ist die Tätigkeit beim Bundesdatenschutzbeauftragten dadurch meist eine Durchgangsstation für Angehörige des Bundesinnenministeriums, wo auch ihre längerfristige Berufsperspektive liegt. Es liegt auf der Hand, dass dies negative Auswirkungen auf die Orientierung und die Konfliktbereitschaft der Mitarbeiter hat, gerade bei der Beaufsichtigung des Bundesinnenministeriums und der diesem nachgeordneten Behörden selbst.
Als oberster Dienstherr entscheidet der Bundesminister des Innern über Einstellung, Versetzung, Disziplinierung und Aufstieg der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit. Die Angehörigen der Dienststelle des Bundesdatenschutzbeauftragten können ohne dessen Einvernehmen, also auch gegen dessen Willen, versetzt, abgeordnet oder umgesetzt, d.h. ihm entzogen werden, wenn sie selbst der Maßnahme zustimmen.
Geboten wäre eigene Personalzuständigkeit des Bundesdatenschutzbeauftragten und Dienstaufsichtszuständigkeit über seine Mitarbeiter. Erforderlich wäre dazu eine Ausgestaltung der Geschäftsstelle des Bundesdatenschutzbeauftragten als oberste Bundesbehörde. Einige Bundesländer haben ihre Datenschutzbeauftragten bereits als oberste Landesbehörden eingerichtet, was belegt, dass dies möglich ist.
(5) Vertretungsregelung (§ 22 Abs. 6 BDSG)
Mit dem Gebot der völligen Unabhängigkeit unvereinbar ist es schließlich, dass dem Bundesbeauftragten im Fall der Verhinderung vom Bundesminister des Innern ein beliebiger, vom Ministerium gewählter Vertreter zur Wahrnehmung der Geschäfte zur Seite gestellt werden kann und der Beauftragte dazu nur angehört werden soll.
Möglichst genaue Angabe der Bestimmung(en) des Gemeinschaftsrechts an (Verträge, Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen usw.), gegen die der Mitgliedstaat nach Ansicht des Beschwerdeführers verstoßen hat:
Gebot der völligen Unabhängigkeit der nationalen Kontrollstellen nach Art. 28 RiL 95/46/EG (z.B. soweit der Bundesdatenschutzbeauftragte Post- und Telekommunikationsunternehmen beaufsichtigt) und Art. 25 Rahmenbeschluss 2008/977/JI (z.B. soweit der Bundesdatenschutzbeauftragte das Bundesinnenministerium und das Bundeskriminalamt beaufsichtigt)
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Danke, ein lehrreicher Artikel! Während sich der „kleine Mann“ in der Regel noch nicht mal traut, bei den direkt vor ihm liegenden Missständen Beschwerde einzulegen (ich entdecke gerade das Instrument Dienstaufsichtsbeschwerde – DAS sollte Pflichtstoff in der Schule werden!!!), zeigt ihr, dass man auch „sehr weit oben“ Beschwerde einlegen kann.
Danke für den Fingerzeig … da werde ich mich mit meinem Thema Bildungsfreiheit dort mal melden ;-)
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Jonathan Hunstiger
Sehr guter Ansatz! Sehr lobenswert. Eine Schande, dass die etablierten da ewig nichts gemacht haben. Die Piraten beweisen, dass sie eine Existenzberechtigung, nein, Notwendigkeit haben!
Danke! Ein Bürger dieses Staates.
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antipiraten@antipiraten.cc
Die Piraten sollten sich ganz schnell auflösen diese Partei ohne Sinn, ohne Programm und ohne jegliche Erfahrung ist gefährlich und schadet dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland und dem Ansehen der EU! Leieb Piraten: Gebt auf und löst Euch gemiensam mit den Linken auf! Euch will keiner und Euch wählt auch keiner!
Connie
wenn diese Rechnung meine ganze Menschlichkeit definiert, dann fehlt mir da irgendwas…
Statt sich um die Twitteraccounts anderer Parteien mütterlich zu kümmern, endlich mal was Konstruktives!
Die Woche im Datenschutz (KW 02 2013) | Externer Datenschutzbeauftragter Bayern
[…] unabhängig sein müssen, da sie ihrer Aufgabe sonst nicht effektiv nachkommen können. Bericht hier 2 Klicks für mehr Datenschutz:Erst wenn Sie hier klicken, wird der Button aktiv und Sie […]
Axel Seligmann
Sehr gut,
das war wohl schon lange überfällig!
Klaus D. Ebert
Warum gibt es nicht mehr Piraten wie dic