Sparkassentag: Antwort auf offenen Brief, neue Fragen

Vom 24.-25. April 2013 findet in Dresden der Sparkassentag statt. Der Sparkassentag stand aufgrund einer Einladung an Piratenabgeordnete in der öffentlichen Kritik. In der Einladung war von einem umfassenden Rahmenprogramm die Rede.

In einer Pressemitteilung habe ich am 15.01.2013 kritisiert:

Die Einladung [1] der Sparkassen-Finanzgruppe zum “Sparkassentag 2013″ liest sich wie eine Luxus-Reise: für Entscheidungsträger steht ein Vortrag von Peer Steinbrück auf dem Programm. Jeder Entscheidungsträger darf außerdem eine Begleitung mitbringen. Diese kann aus zehn verschiedenen Tagesausflügen wählen, und selbst für die Fahrer ist gesorgt. Die Kosten übernimmt der Einladung zufolge der jeweilige Regionalverband, im Fall niedersächsischer Entscheidungsträger also der Sparkassenverband Niedersachsen.

Am 16.01. habe ich bei den Sparkassenverband Niedersachsen und die Fraktionen des Landtags in dieser Sache angeschrieben und um folgende Informationen gebeten:

[…]In diesem Zusammenhang frage ich Sie:

Hat der niedersächsische Sparkassenverband eine gleichlautende oder ähnliche Einladung an die Fraktionsvorsitzenden oder andere Mitglieder des niedersächsischen Landtags ausgesprochen? Wie beurteilen Sie eine solche Einladung, insbesondere unter dem Aspekt, dass Politiker spätestens seit der Affäre um den ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff und den Debatten um die Honorare von Kanzlerkandidat Peer Steinbrück vermehrt in der öffentlichen Kritik stehen?

Die Antwort möchte ich Euch jetzt, anlässlich des Sparkassentags nicht vorenthalten. Leider hat keine der Landtagsfraktionen geantwortet. Lediglich der Sparkassenverband Niedersachsen schrieb:

Ihren offenen Brief vom 16. Januar 2013 haben wir erhalten. Für die öffentlich-rechtlichen Sparkassen ist es selbstverständlich, dass auch Gäste wie politische Entscheidungsträger an einem Sparkassentag teilnehmen. Das Programm des Deutschen Sparkassentages 2013 ist für die Teilnehmer ein reines Fachprogramm mit Vorträgen, Themenforen und Diskussionen, beispielsweise zur Sicherung nachhaltigen Wachstums und Wohlstandes möglichst breiter Bevölkerungsschichten oder zu den Anforderungen und Aufgaben eines zukünftigen Finanzsystems.

Die Meinung, es handele sich um ein „reines Fachprogramm mit Vorträgen, Themenforen und Diskussionen“ kann ich auf Basis der mir vorliegenden Informationen nicht teilen. Hier ein Auszug aus dem Programm des Sparkassentages 2013, Rahmenprogramm für den *Fahrer*:

Dixieland Dresden
Fahrerabend: 19:00-0:00Uhr

Jedes Jahr im Mai packt Dresden das Dixie-Fieber“. Dann ist die Sachsenmetropole Gastgeber des größten Dixieland-Festivals Europas. Erleben Sie dieses besondere Flair bereits im April, wenn es heißt: Willkommen an Bord! Mit einem Salonschiff der ältesten Raddampferflotte der Welt legan Sie ab zu einer Fahrt auf der Elbe. Auf Sie wartet ein Abend mit Liveband und original Dixieland-Musik, einer Whiskyverkostung und vielen weiteren Höhepunkten auf und unter Deck.*

Hier ein Auszug aus dem Programm des Sparkassentages 2013, Rahmenprogramm für die Begleitperson (Eine Begleitperson darf aus zahlreichen unterschiedlichen Vergnügungsprogrammen wählen, Unterkunft, Verpflegung und Freizeitprogramm gehen auf Kosten der Sparkassen):

Weingenuss – Erlesen sächsisch!

Das sächsische Weinanbaugebiet ist klein aber fein. Davon können Sie sich auf Schloss Wackerbarth selbst überzeugen. Wackerbarth steht wie kein anderes Weingut für Tradition und Moderne gleichermaßen. Das barocke Ambiente der Schloss- und Gartenanlage sowie die hochmoderne Sekt- und Weinmanufaktur geben Ihnen prickelnde Einblicke in die über 850-jährige Weinbautradition Sachsens. Schmecken – Riechen – Sehen: unter diesem Motto steht Ihr Weinbergbesuch. Erfahren Sie dabei alles zur Weinherstellung und warum die Sekte der ältesten Sektkellerei Sachsens gerüttelt und nicht geschüttelt werden.
Dem Programm des Sparkassentages 2013 sind zahlreiche prominente Redner aus der Politik zu entnehmen. Unter anderem:

Die Gästeliste ist leider nicht öffentlich. Die niedersächsischen Landtagsfraktionen haben nicht auf meinen offenen Brief geantwortet. Daher frage ich jetzt noch einmal und diesmal frage ich gleich bei den Bundestagsfraktionen mit. Per Abgeordnetenwatch über die Fraktionsvorsitzenden der Bundestagsfraktionen und bei den prominenten Rednern selbst. Von denen möchte ich wissen:

Ich bitte darum mir Auskunft darüber zu geben, inwiefern Sie für die Teilnahme an der Veranstaltung oder einen Redebeitrag finanziell entschädigt werden und wie hoch diese Aufwandsentschädigung oder Nebeneinkunft ist. Außerdem möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie Ihre eigene Unterkunft und Verpflegung und Kosten für eventuelle Unterkunft einer Begleitperson oder eines Fahrers sowie deren „Rahmenprogramm“ aus eigener Tasche oder durch ihre Fraktion bezahlen werden. Wo verläuft für Sie die Grenze ab der die Annahme von Einladungen mit üppigem Rahmenprogramm als Vorteilsnahme gewertet wird?

Darüber hinaus würde mich interessieren ob Sie der Meinung sind, dass ein verbindlicher Ethik-Kodex für Politiker notwendig ist und strengere Gesetze für die Annahme von Vergünstigungen und Geschenken für Abgeordnete gebraucht werden.

Ich habe nichts gegen die Sparkasse, ich bin selbst dort Kunde. Aber ich finde, dass Politiker den Bürgern in vielerlei Hinsicht Rechenschaft schuldig sind. Ich möchte wissen, wie viel Honorar gewählte Volksvertreter bei derartigen Lobbyveranstaltungen für Redebeiträge bekommen. Ich möchte wissen, welche Politiker welcher Parteien bei derartigen Vergnügungsreisen teilnehmen und auf Kosten der Sparkasse mit Fahrer und Begleitperson einen Kurzurlaub verbringen – insbesondere angesichts der finanziell schlechten Lage von mindestens drei Sparkassen, die mit Steuergeldern gestützt wurden. Und ich möchte die Meinung der Teilnehmer wissen, wo genau für sie die Grenze zwischen Kurzurlaub und Tagung verläuft. Und ob sie diesen Urlaub aus eigener Tasche zahlen oder vom jeweiligen Landesverband der Sparkassen zahlen lassen.

Wir brauchen endlich wirksame Gesetze für die Annahme von Geschenken und klare Grenzen für durch Lobbyverbände bezahlten Urlaub von Politikern. Ich finde es moralisch verwerflich, wenn wirtschaftlich starke Interessengruppen politische Entscheidungsträger mit opulenten Luxusprogrammen ködern. Politik sollte nicht käuflich sein.


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4 Kommentare

  1. -Im Bereich der Ärztekammer Niedersachsen gibt es diesbezüglich eine erstaunliche Entwicklung;nunmehr ist es Ärzten berufsrechtlich untersagt, an Veranstaltungen/Fortbildungen der Pharma-oder Geräteindustrie teilzunehmen,wenn Tagungsbeiträge, Fahrt-oder Übernachtungskosten übernommen werden.
    -Gerne wird über die Ärzteschaft hergezogen,aber sie ist m.E.jetzt“sauberer“als Sparkassen, Politiker,ggf. auch Futtermittel-Hersteller in der Landwirtschaft,die Bauern auch mal einladen.
    -Generell wird es Lobbyismus in der politischen Meinungsbildung geben müssen,aber eben mit einem Höchstmass an Transparenz!
    -Der tolle Einsatz bei „Maybritt Illner“und „3nach9″hat mich beeindruckt;ich finde es toll,wie mal wieder eine Osnabrückerin(aus Dissen) eindrucksvoll beweist, dass Politik mehr ist als Blabla.
    -Liebe Grüße aus Osnabrück!

  2. Ich freue mich über die Aktion von kattascha!

    Die Antwort von Claudia Roth finde ich in Ordnung.

  3. An soetwas gibt es nichts auszusetzen. Die Fachvorträge finden statt, auch wenn sie nicht immer gut sind. Aber der Austausch zwischen den Menschen, auch Entscheidungsträger sind Menschen, ist das eigentlich Wichtige, und manche Fronten enthärten sich nicht auf einem Fachvortrag, da werden sie eher ausgedrückt oder unterstrichen, sondern am Abend beim Wein oder sonstwie entspannter Atmosphäre. Das wissen wir alle. Das hat dann nicht immer gleich was mit Lobbyismus zu tun, auch wenn da logischerweise immer auch „Vertriebler“ rumrennen.

  4. Auch auf kommunaler Ebene müßte das das Geben und Nehmen zwischen Sparkassen und Politik nachvollziehbar und demokratisch werden. Etwa die Gewinne, die nicht an die chronisch unterfinanzierten Eignerkommunen zurückgeführt werden, sondern an Parlamenten vorbei in großzügigen Sponsorings landen, lediglich „kontrolliert“ von jeweils wenigen Aufsichtsräten. Wieviele derer jetzt wohl in Dresden sind?

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