Krönungszeremonien und Spitzen- ohne Gegenkandidaten

Politik ist nicht so wie sie uns verkauft wird. Bei näherem Hinsehen bröckelt der Putz von der Fassade. Kritiker wie wir werden bereitwillig als Idealisten, als Träumer verspottet. Wir wüsste eben noch nicht wie das Geschäft funktioniert, denken sie manchmal laut. Sie wollen uns erzählen, man müsse verstehen, dass einige Dinge eben unter Ausschluss der Öffentlichkeit diskutiert werden müsste. Sie wollen uns erzählen, Politik würde nur so funktionieren. Und sie sagen, sie seien schon ganz zufrieden damit wie es läuft. Ich glaube sie haben unrecht. Denn vor lauter Betriebsblindheit sehen sie längst nicht mehr die Fehler im System. Und wer Fehler nicht einmal sieht, der kann erst recht keine Lösungen anbieten. Der kann die parlamentarische Demokratie nicht reparieren. Dafür braucht es neue Köpfe mit neuen Ideen.

Wir Piraten sind angetreten um eine Alternative zu dem herkömmlichen politischen Einheitsbrei zu bieten. Dabei fordern wir nicht nur die Politik sondern auch uns selbst heraus. Wir wollen Vielfalt und Courage statt höriger Parteisoldaten. Wir arbeiten an Inhalte statt an Populismen – mit einer gesunden Portion Idealismus statt eingefahrener Denkmuster. Wir wollen, dass wieder die Bürger bestimmen wo es lang geht und nicht die Interessengruppen aus der Wirtschaft. Und jetzt haben wir die reale, die historische Chance, den Staat für die Bürger zurück zu erobern. Und genau dafür treten wir nicht nur in Niedersachsen, sondern auch bundesweit an. Darum machen wir das.

Leere Wahlkampfphrasen haben wir satt. Das ermüdende Ritual der etablierten Parteien vor der Wahl den potentiellen Wählern das Blaue vom Himmel zu versprechen nur um nach der Wahl kalkulierten Wortbruch zu begehen, machen wir nicht mit. Wahlkampagnen, die den Wähler nur als Konsumenten betrachten greifen zu kurz. Denn die Wähler merken, wenn sie immer wieder aufs neue verraten und verkauft werden, denn die Menschen sind doch nicht blöd. Und darum ist unsere Wahlbeteiligung so wie sie ist: Historisch tief und dramatisch niedrig. Was vor lauter Professionalisierung in vielen Parteien vergessen wurde ist folgendes: Politik ist kein Produkt, denn Ideale sollten nicht käuflich sein.

Unser Wahlprogramm ist keine Verhandlungsmasse sondern unser Arbeitsauftrag an uns selbst. Bei unseren Parteitagen wird noch in der Sache gestritten ohne ein Blatt vor den Mund zu nehmen. Jeder hat eine Stimme und jeder kommt zu Wort. Wir erstellen hier nicht weniger als unsere To-Do-Liste für einen Strukturwandel der Politik. Harte Fakten und Argumente anstatt von Werbeprospekten mit blendenden Aussichten und einlullender Hintergrundmelodie. Inhalte, Glaubwürdigkeit und politisches Handeln sind die Messlatte, an der Politik gemessen werden sollte – und nicht etwa hübsch inszenierte Events und kostspielige Werbespots. Dafür stehen wir ein.

Unsere Aufstellungsversammlungen sind keine mediengerecht inszenierten Krönungszeremonien bei denen sogenannte Spitzenkandidaten mit sozialistischen Ergebnissen beglückt werden. So viel ist sicher. Bei uns sind Wahlen noch Wahlen, weil wir die Wahl zwischen vielen Alternativen haben. Und – Bei uns ist jede Wahl eine Urwahl. Noch dazu ohne Delegierte und Vorauswahlen. Auch dann, wenn die Presse gerade nicht hinschaut. Im Gegensatz zur Merkel-Partei geben bei der Piraten-Partei eben die Mitglieder den Ton an. Das ist eigentlich etwas auf das man stolz sein könnte. Doch für uns ist es eine Selbstverständlichkeit.

Wenn wir Themen statt Köpfen fordern dann ist dies auch eine Kritik daran, wie uns Politik vorgesetzt wird: Personalisiert, Verkürzt und Plakativ aufgehübscht. Bar aller Ecken und Kanten. Politik wird medial längst mit Emotionen vermarktet, wie andere Produkte auch. Doch oberflächliche Betrachtungen reichen uns nicht – wir wollen in die Tiefe gehen und wieder beim Fundament der Demokratie ansetzen. Wir wollen Menschen und Medien dazu einladen, gemeinsam mit uns hinter die Fassade des aalglatten Politikbetriebs zu blicken. Weil wir denken, dass die Glaubwürdigkeit der Demokratie unter dieser zunehmenden Inszenierung gelitten hat. Wir wollen die Demokratie an dieser Stelle reparieren und zu ihrem Ursprung zurückführen. Denn was die Demokratie anbelangt sind wir Piraten eben wertekonservativ und echte Spießer.

Die Transparenzdebatte ist unser konstruktiver Beitrag zum Fortbestand der parlamentarischen Demokratie. Wir haben an dieser Stelle einen wunden Punkt getroffen. Wir waren genau zur richtigen Zeit mit den richtigen Ideen am richtigen Ort. Und wir bewegen schon jetzt so viel. Wir gestalten längst die Agenda mit. Wir treiben die anderen Parteien vor uns her.

Wir lieben Demokratie und wir lieben gute Argumente. Parteiinterne Debatten bedeuten nicht etwa Schwäche oder Instabilität, wie es manchmal gerne dargestellt wird sondern das genaue Gegenteil: Parteiinterne Debatten halten eine Partei lebendig. Eine Wahl ohne Wahl ist keine Wahl. Und ebenso ist eine Demokratie ohne Debatten keine Demokratie. Wenn Parteimitglieder zu Abnickern degradiert werden, dann läuft etwas schief. Eine Demokratie ohne Auseinandersetzung und Reibung ist unnatürlich. Wenn um uns herum Parteien bei weihnachtlichen Krippenspielen ihrer Krönungsmessen traute Einigkeit vorspielen, dann bedeutet dies doch, dass hier nicht mehr offen diskutiert wird auf Kosten der eigenen Mitglieder. Denn geht mal zu einem SPD-Stammtisch und fragt wie ein einfaches Mitglied zu Steinbrück und seinen Nebeneinkünften steht. Fragt ein CDU-Mitglied was es vom Betreuungsgeld und ausgesessenen Schwarzgeldaffären unseres jetzigen Finanzministers hält. Sprecht mal ein Grünen-Mitglied auf die Annäherung an Schwarz-Grün an und fragt wie es um die innerparteiliche Basisdemokratie bestellt ist. Und wie ein normales FDP-Mitglied zur Hotel-Steuer und Rösler steht. Ich sage Euch, ihr werdet dann feststellen: Hinter der Fassade brodelt es.

Wir Piraten stören den geregelten Ablauf. Wir stören parteiinternen Betonmauern und Glasdecken, Lobbyverstrickungen und Hinterzimmerpolitik. Wir halten uns an das Grundgesetz statt an ungeschriebenen Gesetze und informelle Absprachen. Wir schämen uns nicht, auch den weniger spektakulären Alltag der Politik zu zeigen. Weil wir endlich ehrliche Politik bieten wollen statt noch mehr Schauspieler und hyperreale Mediengestalten ins Rennen zu schicken. Wir gehen den steinigen aber dafür demokratischen Weg.

Unser Orangene Faden lautet Offener Zugang und Teilhabe auf allen Ebenen. Wir wollen Selbstbestimmung statt Fremdherrschaft, Individualität statt Konformismus und Mut zur Neuen Sachlichkeit statt rückwärtsgewandter Politik. Unser Menschenbild ist das eines mündigen Bürgers. Wir sind Bürger und wir fordern unser gutes Recht zurück. Wir wollen mitreden, wenn die Weichen für unser Leben, unsere Netze und unsere Zukunft gestellt werden. Wir wollen nicht länger schweigen, wenn die Politik meint mit analogen Strategien digitalen Herausforderungen meistern zu können. Und dabei still und heimlich dafür aber sehr beharrlich unsere Zukunft verpfuscht.

Eine lebenswerte Gesellschaft im Digitalen Zeitalter braucht neue Lösungen um neue Chancen und neue Herausforderungen zu meistern. Lasst uns das mit der Netzpolitik zur Abwechslung einmal mit echten Profis versuchen. Lasst uns neue Sozialsysteme programmieren, die ihren Namen verdienen. Und lasst uns wieder echte Debatten in die Parlamente tragen und endlich wieder entlang von Argumentationslinien anstatt von Parteigräben streiten.

Dafür brauchen wir Piraten wie dich und dich und dich und dich und dich. Politik hat lange genug ohne uns stattgefunden. Es wird Zeit sich endlich einzumischen. Schließlich haben wir etwas zu sagen, was endlich einmal gesagt werden muss. Und wenn wir es nicht tun, dann tut es kein anderer für uns. Wir sind unsere eigene Lobby, die Lobby der Bürger. Wir tragen Verantwortung, in uns werden große Hoffnungen gesetzt. Lasst uns das niemals vergessen. Wir sind die Zukunft.


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Ein Kommentar

  1. Wegen Menschen wie dir finde ich die Piraten so klasse. Bleib wie du bist, und: Danke für deine Mühen! :-)

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