Worum geht es im Buch „Die Daten, die ich rief“?

Am 27. April 2018 ist mein Buch „Die Daten, die ich rief“ beim Verlag Bastei Lübbe erschienen. Darin geht es um ein Thema, das mich die letzten 10 Jahre bewegt hat: Die zunehmende Überwachung durch Staat und Wirtschaft.

Für wen ist das Buch?
Im Zuge des Skandals um Cambridge Analytica wird immer mehr Menschen bewusst, dass Datenschutz mehr als nur eine Randnotiz wert sein sollte. Das Recht auf Privatsphäre ist zwar ein Menschenrecht. In der Praxis merkt man nur leider wenig davon. Das muss sich ändern.

Mir war es vor allem wichtig ein Buch zu schreiben, das leicht verständlich ist und sich auch für Einsteiger eignet. Ein Buch, das ich an Freunde oder Familienmitglieder verschenken kann, die meinen, sie hätten „nichts zu verbergen“. Enthalten sind auch einige praktische Tipps zum Schutz der eigenen Daten. Ich hoffe mit diesem Buch einen Beitrag dazu leisten zu können, mehr Menschen für das Thema Datenschutz zu begeistern. Und ein Bewusstsein dafür zu wecken, dass ein Wandel notwendig ist.

Vorwort
Gleich im Vorwort geht es um eine Geschichte, die mich doch nachhaltig schockiert hat. Als ich mich nach einem Besuch in einem großen Berliner Spa Tempel in der Umkleide anzog, fiel mir eine Kamera an der Decke auf. „Das darf doch nicht wahr sein!“, dachte ich. Schließlich ziehen sich die Menschen hier nackt aus. Als ich genauer hinschaute, entdeckte ich weitere Kameras. Natürlich beschwerte ich mich beim Betreiber. Der verstand überhaupt nur leider nicht, wo mein Problem lag. Also legte ich Beschwerde bei der Berliner Beauftragten für den Datenschutz ein. Der Tagesspiegel berichtete über den Fall. Für mich war dieses Erlebnis ein guter Grund sich zu fragen: „Gibt es da noch mehr, das ich wissen müsste?“ An welchen Stellen werden wir noch durchleuchtet? Und welche Auswirkungen haben diese Datensammlungen ganz konkret für uns?

1. Teil: Mein Datenschatten
Im ersten Teil des Buchs habe ich mir meine eigene Datenspur vorgenommen. Ich habe das Mittel der Selbstauskunft gepaart mit Datenexperimenten gewählt, weil es doch einen Unterschied macht, ob man abstrakt weiß überwacht zu werden, oder aber diese Daten wirklich schwarz auf weiß vor sich liegen hat. Für das Buch habe ich ein wenig mit meinen eigenen Daten experimentiert. Und mein Nutzerverhalten an einigen Stellen auch gezielt geändert, damit ich auch eine ordentliche Datenspur lege.

Ich bin mit einer DeutschlandCard shoppen gegangen, um im Anschluss meine Daten anzufordern. Habe Meldedaten von Freunden (mit deren Einverständnis) abgefragt. Habe meinen „Clickstream“ von Amazon angefordert. Bin mit einem Fitness-Tracker durch die Gegend gelaufen, um meinen Hausarzt später einen Blick darauf werfen lassen. Habe eine Kopie meiner Facebook-Daten abgerufen (und dabei entdeckt, dass ein Unternehmen rechtswidrig meine Kundendaten abgeglichen hat). Ich ließ mit einer speziellen Software meinen Twitter-Account auswerten und habe mich von Google tracken lassen. Durch eine Anfrage bei Polizeibehörden habe ich mit Schrecken erfahren, dass ich in der INPOL-FALL Datei für „Cybercrime“ einen fünf Jahre alten Eintrag habe – wegen einer Protestaktion gegen Überwachung (Oh, diese Ironie!) – obwohl ich keine Straftat begangen habe.

2. Teil: Manipulation
Die Konditionierung der Nutzer fängt schon bei der Anmeldung bei vielen Diensten an. Einen Tag lang habe ich deshalb ein Experiment gewagt: Ich habe die AGB und Datenschutzerklärungen aller Dienste gelesen, die ich nutze. Das hat wenig überraschend nicht nur dazu geführt, dass ich allerlei grenzwertige Klauseln fand. Das Ganze hat auch extrem viel Zeit gekostet. So viel, dass ich zu dem Ergebnis komme: Man müsste seinen Jahresurlaub opfern, wenn man das Kleingedruckte immer lesen würde. Darüber habe ich mit Heiko Dünkel vom Verbraucherzentrale Bundesverband gesprochen, der viele praktische Hinweise zum Umgang mit grenzwertigen Nutzungsbedingungen gibt.

Eine Datenspur zu hinterlassen ist das eine. Zu wissen, wie diese Daten genutzt werden können, um uns gezielt zu manipulieren, ist das andere. Im zweiten Teil des Buchs geht es daher vor allem darum, was sich mit solchen Informationen anstellen lässt. Unser Facebook-Newsfeed wird anhand des Klickverhaltens für jeden Nutzer individuell zusammengestellt. Und dann gibt es noch die personalisierte Werbung. Zu glauben, dass Werbung keinen Einfluss auf unser Verhalten hat, ist zwar bequem, entspricht aber leider nicht der Realität. Viele Unternehmen nutzen die Datenspur ihrer Nutzer, um die Anzeige von Produkten anzupassen. Einige schwarze Schafe betreiben sogar Preisdiskriminierung auf Basis von Browserdaten. Nicht zu vergessen, die neuen „innovativen“ Krankenversicherungsmodelle, die in den USA bereits Rabatte abhängig von übertragenen Fitness-Daten anbieten. Am Ende des Kapitels wende ich mich noch einmal staatlichen Datenbanken zu. Hier entstehen ungleich schwerwiegendere Probleme, schließlich hat der Staat ein Gewaltmonopol: Wer weiß, dass er überwacht wird, ändert nachweislich sein Verhalten. Der gläserne Bürger macht die Demokratie zerbrechlich.

3. Teil: Was tun, wenn’s brennt?
Bei der Überwachung durch die Wirtschaft muss klar sein: Auf die unsichtbare Hand des Marktes ist kein Verlass. Aber auch die beliebte Floskel „Na, dann nutze die Dienste doch nicht“ kann spätesten dann nicht mehr gelten, wenn Monopole sich breit gemacht haben. Die EU-Datenschutz-Verordnung ist nicht perfekt, doch in einigen wichtigen Fragen (Strafen für Unternehmen!) bringt sie wichtige Verbesserungen für die Nutzer. Darüber habe ich mit dem Experten für Verbraucherschutz Florian Glatzner und dem EU-Politiker Jan Philipp Albrecht gesprochen. Letzterer war Berichterstatter im EU-Parlament für die Datenschutz-Verordnung.

Wichtig war mir an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass noch viel im Argen liegt. Vor allem was staatliche Überwachungsmethoden anbelangt. Dass Geheimdienste nach wie vor Sicherheitslücken horten dürfen und dadurch die Sicherheit und Privatsphäre der Bürger aufs Spiel setzen, ist untragbar. Dass wir heute noch Debatten über den Verbot von Verschlüsselungen führen müssen, ist eine Farce. Zum Glück gibt es eine wachsende Bewegung, der sich der Überwachung durch Staat und Wirtschaft entgegenstellt. Als postiven Ausblicknehme ich den Leser zum Abschluss beim Streifzug über eine Hacker-Konferenz mit und stelle einige der vielen vielen Initiativen vor, die Alternativen zu datenhungringen Diensten entwickeln und für den Schutz unserer Privatsphäre eintreten.

Wo kann ich das Buch kaufen?
Sollte die Buchhandlung Deines Vertrauens es nicht vorrätig haben, kannst Du es dort auch direkt bestellen:
Katharina Nocun
Die Daten, die ich rief
347 Seiten
Verlag: Bastei Lübbe
ISBN: 978-3-7857-2620-4

Lesungen?
Bei der re:publica in Berlin wird es am Mittwoch den 2. Mai um 18:30 Uhr einen Vortrag von mir und dem Datenschutzexperten Lars Hohl zum Thema Polizeidatenbanken geben, in dem ich auch ein wenig über diesen Teil meiner Buchrecherche erzähle. Am 5. Mai bin ich bei dem in diesem Jahr erstmals stattfindenden „Netzfest“ in Berlin um 13:25 auf der Hauptbühne zu sehen. Über Lesungen halte ich Euch auf dem Laufenden. Über Einladungen freue ich mich natürlich auch :-)

Wie war es ein Buch zu schreiben?
Diese Frage haben mir im letzten Jahr gefühlt 1000 Menschen gestellt. Ehrlich: Es ist ein ganz schöner Kraftakt. Schriftsteller sitzen entgegen der gängigen Vorurteile nämlich nicht den ganzen Tag in Cafés und schlürfen Kaffee, während sie entspannt ihre Zeitung lesen. Autoren sitzen eher auch bei Sonnenschein bis zu 12 Stunden am Tag am Schreibtisch, um am Text zu feilen.

Was ich am schwierigsten fand? Wenn man sich so lange mit einem Thema befasst hat, fällt die Entscheidung, was es ins Buch schafft und was leider draußen bleiben muss, umso schwerer. Ohne Probleme hätte ich noch weitere 200 Seiten zum Thema füllen können. Viele Aspekte haben es allein aufgrund des Limits bei der Seitenzahl nicht mehr ins Buch geschafft. Aber dafür gibt es ja (unter anderem) diesen Blog. Oder meine Kolumne beim Handelsblatt :-)


Dir hat dieser Beitrag gefallen? Das freut mich sehr! Dieser Blog finanziert sich ausschließlich über Leser-Spenden. Meine Kaffeekasse ist entweder über paypal.me/kattascha oder das Konto mit der IBAN-Nummer DE84100500001066335547 (Inhaber Katharina Nocun) erreichbar. Oder bei Steady. Natürlich freue ich mich auch, wenn Ihr das kommente Buch „Gefährlicher Glaube – Die radikale Gedankenwelt der Esoterik“ (erscheint am 20.09.2022) vorbestellt :-)

9 Kommentare

  1. Hallo, ich weiss, dieser Post ist etwas älter… Aber sicher noch hochrelevant. Ich möchte jetzt zur Tat schreiten und auch ein wenig „Datenforschung“ betreiben und selber schauen, was PayPal, Amazon usw. über mich gesammelt haben. Kannst Du ein „Musterschreiben“ veröffentlichen und vlt auch beschreiben, worauf man bei den Antworten achten muss – sprich: woher weiss ich, dass die Daten ausreichend dargestellt sind?

  2. Hallo,

    leider hatte ich noch keine Gelegenheit das Buch zu lesen, aber das werde ich in jedem Fall noch nachholen.

    Was mich aber schon jetzt zum Schreiben hier bewegt, ist der Kommentar von Lars. Es ist sehr naiv zu glauben, dass es heute ausreichen würde, sich irgendwo nicht einzuloggen und einen zweiten Browser zu verwenden, um nicht verfolgt zu werden.
    Gerade das Beispiel von Google ist unglaublich schlecht gewählt, weil es keinen anderen Konzern gibt, der so viele Ressourcen aufwendet auch noch jedes noch so kleinste Detail der Nutzer auszuspionieren und damit das psychologische Profil zur gezielten Manipulation und Bevormundung zu vervollständigen.
    Nahezu jede Seite und jede App verwendet zig Tracker, wovon mindestens einer davon Google Analytics sein dürfte. Wer sich nicht aktiv und unter Inkaufnahme von einigen Unannehmlichkeiten davor schützt, hat keine Chance nicht verfolgt zu werden.
    Selbst wer keine Accounts dort oder bei Facebook besitzt, bekommt ein Schattenprofil spendiert, über das sämtliche Daten zusammengetragen und mit anderen Tracker-Netzwerken ausgetauscht werden. Über das Zusammentragen vermeintlich anonymisierter Daten mit Unmengen bekannter Informationen, werden diese auch sehr schnell sehr aufschlussreich.

  3. +1. Erklärtes Ziel des Experiments war, sich wie „Otto Normalnutzer“ zu verhalten. Und der loggt sich eben nicht aus. Trotzdem: Über andere Daten lässt sich der Browser/das Gerät auch ohne einloggen erkennen. Allein der Cookie, etc…

  4. Hallo,
    was ich nicht nachvollziehen kann: Das Clickstreaming funktioniert doch nur, wenn ich eingeloggt bin. Sorry, hier liegt doch der Hund begraben. Ich habe, bevor ich Amazon links liegen lassen habe, mich auch stundenlang durch die Angebote geklickt. Und dann mittels Zweitbrowser bei Amazon bestellt und sofort wieder ausgeloggt. Warum muss man nur ständig eingeloggt sein?

    Ein Beispiel von Google : Ich habe dort noch einen nicht mehr genutzten E-Mail-Account. Beim Abruf meiner Aktivitäten zu diesem Account zeigte Google nichts an. Weil ich zu keiner Zeit accountgebunden gesucht habe. Bloß warum zum Teufel müssen die Menschen ständig dauereingeloggt sein? Wenn Mensch die Dienste nicht accountgebunden nutzt, ist das ein wichtiger Schritt für die Privatsphäre.

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