8252 Euro Brutto (+4.029 Euro Kostenpauschale)

Die Bundestagsabgeordneten wollen ihre Diäten anheben und an die Besoldung von Bundesrichtern angleichen. Grund genug sich einmal die Gehaltsentwicklung von Bundestagsabgeordneten anzuschauen: Die Bundestagsabgeordneten schließen sich damit dem bundesweiten Trend an, wie der ungeschönte Armuts- und Reichtumsbericht belegt:

Bei hohen Gehältern gabs im vergangegen Jahr Lohnsteigerungen und bei niedrigen Gehältern reale Lohnkürzungen, wie im Armuts- und Reichtumsbericht treffend beschrieben.(Bild: Screenshot, 4.Armuts- und Reichtumsbericht (09/2012))

Die Niedriglohnquote ist in Deutschland weiterhin bei rund 23 Prozent  konstant hoch.

(Bild: Screenshot, 4.Armuts- und Reichtumsbericht (09/2012))

Die Schere zwischen Arm und Reich geht weiter aus einander. „So verfügen die Haushalte in der unteren Hälfte der Verteilung nur über gut ein Prozent des gesamten Nettovermögens, während die vermögensstärksten zehn Prozent der Haushalte über die Hälfte des gesamten Nettovermögens auf sich vereinen.“

(Bild: Screenshot, 4.Armuts- und Reichtumsbericht (09/2012))

Der Durchschnittsbürger verdient Brutto nicht einmal halbsoviel wie ein Bundestagsabgeordneter. Nach zahlreichen Abzügen und ohne die üppigen Zulagen die Parlamentarier zusätzlich zustehen dürfte die finanzielle bürgernähe wohl noch geringer sein. <update>Es kam die Frage auf, welche „üppigen Zulagen ich meinen würde“. Nun, ich meine die verfassungrechtlich umstrittenen Funktionszulagen:

Bei den Prämien handelt es sich um sogenannte Funktionszulagen aus den Budgets der Bundestagsfraktionen. Die Summe stieg dabei 2009 auf 3,6 Millionen Euro. Noch 1999 waren es umgerechnet nur 2,3 Millionen. So wie die Fraktionsetats werden auch diese Zahlungen fast ausschließlich aus Steuermitteln finanziert.

Wie der Stern berichtet, erhalten diejenigen Abgeordneten die Sonderleistung, die als Parlamentarische Geschäftsführer, Fraktionsvizevorsitzende und häufig auch in weiteren Ämtern tätig sind. Betroffen sind alle im Bundestag vertretenen Parteien.

(Quelle: Zeit.de) </update>

(Quelle: destatis)

Zu Vergleich eine Visualisierung der Bruttoeinkommen von Bundestagsabgeordneten:

(Quelle: Wikipedia)

Das Bruttoeinkommen eines Bundestagsabgeordneten beträgt also 2013 8.252 Euro + 4.029 Euro Kostenpauschale (Beispielsweise für Zweitwohnung und Fahrtkosten). Im Vergleich dazu beträgt das Durchschnittsbruttoeinkommen des Bundesbürgers 2012 3391, bei Frauen sogar nur 2925 Euro. Da sind die ganzen Steuerbelastungen natürlich noch nicht verrechnet, Abgeordnete bekommen übrigens üppige Zulagen für die Altersvorsorge.

Angesichts von Kürzungen bei Sozialleistungen und Bildungseinrichtungen habe ich kein Verständnis für diese Diätenerhöhung. Die Einkommen der Abgeordneten sollen ihnen Unabhängigkeit ermöglichen, aber zwischen Unabhängigkeit und 8.252 Euro + 4.029 Euro Kostenpauschale sehe ich deutlichen Spielraum. Insbesondere sollte damit angefangen werden die Nebeneinkünfte und die Verfolgung von Abgeordnetenbestechung zu reformieren – das ist für die Unabhängigkeit mindestens ebenso wichtig. Die Debatte über eine Erhöhung der eigenen Gehälter bestätigt im Übrigen auch die gängigen Vorurteile gegenüber des politischen Establishment. Wir erinnern uns: Umfragen zeigten erst kürzlich, dass Politiker zu den am wenigsten respektierten Berufsgruppen gehören. Sogar Gebrauchtwagenverkäufer haben eine höhere Glaubwürdigkeit. Wenn sozialer Kahlschlag gepredigt wird, sich aber selbst Diäten“anpassungen“ selbst bei gleichzeitig sinkenden Reallöhnen bei den unteren Einkommensgruppen genehmigt werden, ist das für mich Doppelmoral.

<update> Es ist aus meiner Sicht wichtig, dass Politiker nicht vergessen, wie es ist mit einem Durchschnittseinkommen auskommen zu müssen. Insbesondere wenn man auf eine langjährige Berufskarriere als Berufspolitiker zurückblickt, dürfte der eigene Erfahrungsschatz, wie es sich anfühlt, mit wenig auskommen zu müssen, doch recht gering sein. Für eine bürgernahe Politik ist daher eine zu große Spreizung zwischen Medianeinkommen und Politikerdiäten von Nachteil. Eine gesetzlich vorgeschriebene Kopplung zwischen beiden wäre eine mögliche Strategie. Jm2c</update>


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2 Kommentare

  1. 1. … „Politiker“, „Abgeordneter“ „Minister“, „Staatssekretär“, „Kanzler(in)“ usw. usf.: Letzendlich sind alle in Wahrheit nicht mehr und nicht weniger als Volksvertreter!
    Nur ist das heute offenbar kein ehrenwerter Begriff mehr für diese Herrschaften und Damen.
    Offensichtlich darum, da dieses Wort entsprechend selten genutzt wird, ja o.g. Personen sich z.T. deutlich unbehaglich fühlen, redet man sie so an.

    1.1. Für „Volksvertreter“ kann ich sehr wohl (mindestens) eine Orientierung an dem o.g. „Durchschnittsgehalt“ verlangen, wenn nicht im eigentlichen Sinne der Demokratie eine entsprechende Abstimmung des Volkes über die Höhe bzw. geplanter Erhöhungen des Einkommens.
    Das kann noch nicht einmal das Volk bzw. Betriebangestellte selbst, es bedarf dazu Gewerkschaften oder Interessenverbände oder politische Beschlüsse.

    …Das der Gehaltsdurchschnitt bei Männern überhaupt bei 3391,00 Euro und bei Frauen bei 2925,00 Euro liegt, ist eine statistische Betrachtung, die natürlich nichts über die reale Lohnverteilung in Anteilen zur Bevölkerungsanzahl aussagt – faszinierend, dass noch nicht einmal dieser „Durchschnitt“ im moralischen Gehirnsektor der „Volksvertreter“ eine Rolle zu spielen scheint…
    Lamentieren über Verantwortung und lange Arbeitszeiten sind ein guter Witz von Gestern, der aber bei vielen wohl noch sehr gut nachwirkt wie der weisse Kittel des Arztes – pauschal Gutes zu vermuten heisst nichts anderes als Leichtgläubigkeit – ein leichgläubiger Chef ist nicht lange einer.

    2. Es ist offensichtlich, dass hierdurch eine Verzerrung zwischen persönlicher Dichtung und volksrealer Wahrheit entstehen muss: Die totale Ausblendung realer Lebensumstände und Probleme derer, die sich unterhalb o.g. Durchnittes befinden. Nur Empathie und Moral ermöglichen es dem Menschen, Dinge halbwegs(!) egofrei und möglichst objektiv beurteilen zu können.

    2.1 Die „Volksvertreter“ gönnen sich hier selbst etwas, das viele „Volksvertreter“ dem Volk niemals geben würden, ja sogar in der Tat ebenfalls in ein Chaos führen würde, wie es der derzeitige Politik-Klüngel hüben wie drüben höchstselbst präsentiert:
    – Selbstbestimmung des Gehaltes
    – Nichtoffenlegung zusätzlicher Einkünfte
    – Keine Überprüfung der Vorteilsnahme
    – Keine Verbindlichkeit zu getroffenen
    Aussagen / Versprechen
    …Diese Freiheiten sollte mal die Belegschaft eines Betriebes bekommen: keine Gewerkschaft, Betriebsrat nötig, der Chef wird einfach überstimmt, Leistungskontrolle – wozu denn? – wohin das führen würde, ist ja absehbar.
    Das ein Gewicht ein Gegengewicht braucht, ist also eigentlich völlig klar.

    …Sehr schön auch zu sehen, das das Vorbild- Bewusstsein und Empathie mit der Entschuldigung „Anpassung an Besoldung von Bundesrichtern“ gerechtfertigt werden soll – da braucht die fiktive Belegschaft nur noch etwas, was die „Volksvertreter“ en masse haben: Berater und Pressesprecher…

    Apropos Bundesrichter: wie oft musste schon das BVG/BGH die stümperhafte Arbeit der „Volksvertreter“ ausbügeln, die sich auch noch von externen Beratern(Lobbyisten) und Anwaltskanzleien helfen lassen müssen, die wir auch noch zusätslich bezahlen müssen?

    …Ich gehe morgen mal zu meinem Chef, und sage Ihm, das ich einen Vertreter für mich eingestellt habe, weil ich meinen Aufgaben nicht gewachsen bin – den darf er auch noch bezahlen – ich bin dann mal weg zur Belegschaftsversammlung, betreffs Gehaltserhöhung…

  2. Meinetwegen dürfen die Abgeordneten auch 30 000€ im Monat bekommen. Dann wären vielleicht auch fähigere Leute darunter und nicht nur welche, die sich ihren Titel erschlichen haben oder durch Kumpanei an diesen Posten gelangen. Zugleich sollten sie bei verfassungswidrigen Gesetzen sofort ohne Bezüge entlassen werden und bei nachgewiesener Bestechung ein entsprechendes Verfahren an den Hals bekommen.

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